Ein Gebet um Veränderungen in der Kirche

Ein Gebet um Veränderungen in der Kirche

Seit Februar 2020 auch in Leuggern

Wir halten das "Gebet am Donnerstag" seit Februar 2020 auch in Leuggern.

Jeweils um 19 Uhr beten wir:
- in den Monaten September - Mai im Chorraum der Kirche
- in den Monaten Juni - August in der Lourdesgrotte, Leuggern
um (dringend nötige) Veränderungen in der Kirche.

Wer uns unterstützen möchte ist herzlich willkommen.

Schritt für Schritt: Gebet am Donnerstag. Website der Initiantinnen aus dem Kloster Fahr.

 

Interview mit Priorin Irene Gassmann zur Lancierung des "Gebet am Donnerstag"

Frau Priorin, wie läuft dieses neu lancierte spezielle «Gebet am Donnerstag» ab?
Irene Gassmann: Im Grund ist es eine erweiterte Komplet mit den dafür typischen Elementen. Fürs erste Mal haben wir allerdings mit einem feierlichen Einzug begonnen. Hildegard Aepli vom Pilgerprojekt für eine Kirche mit den Frauen hat das Tuch mitgebracht, welches uns vor drei Jahren nach Rom begleitet hat – auch um zu zeigen, dass das Gebet an jene Initiative anknüpft .

Ihr Anspruch ist es, dass das Gebet weltweit Verbreitung findet. Wissen Sie schon von anderen Klöstern, die am Donnerstag mitbeten?
Der Versand über das Netzwerk der Benediktinerinnen CIB (Communio Internationalis Benedictinarum)  erfolgte erst kürzlich. Somit weiss ich noch nicht, ob das Gebet beispielsweise auch in Südamerika gebetet wird. habe allerdings bereits Reaktionen aus Deutschen Klöstern, die mitmachen. Wir werden auf einer eigens errichteten Webseite dokumentieren, wo überall gebetet wird.

Gemäss Medienmitteilung gab eine Äusserung des Basler Bischofs Felix Gmür den Anstoss.
Ja, aber schon eine paar Tage vorher stand die Idee Im Raum. Eine Frauengruppe aus Rüschlikon kam zu Besuch ins Kloster Fahr. Da war so eine Ohnmacht spürbar und eine Frau meinte plötzlich: Wie war das denn seinerzeit mit diesen Montagsgebeten in der DDR?

Dann haben also jene wiederkehrenden Gebetsmärsche, die in Ostdeutschland 1989 den Weg für einen friedlichen Umbruch bereiteten, Pate gestanden?
Ja, genau. Und ich sollte noch einige Petitionen unterschreiben, die Veränderungen in der Kirche forderten. Da habe ich gemerkt: Die Leute wollen etwas machen.

Und wie kam Bischof Felix Gmür ins Spiel?
An der Buchvernissage zum Pilgerprojekt für eine Kirche mit den Frauen wies er auf die Wichtigkeit der Kontemplation hin. Da war es für mich klar, was ich machen wollte. Ich habe dann Felix Gmür beim Apéro davon erzählt. Er hat mich ermutigt, meinte aber: «Gell, du machst aber kein rein Deutschschweizer Projekt daraus?»

Das wöchentliche Gebet soll gemäss einer Medienmitteilung Mut und Zuversicht schenken, eine weitere Woche den Weg in und mit der Kirche zu gehen. Das klingt dramatisch…
Ich stehe im Austausch mit Menschen, die in den Kirchenpflegen tätig sind. Die sagen mir, sie werden laufend mit Kirchenaustritten wegen der Missbrauchsskandale und der Frauendiskriminierung konfrontiert. Darum wollen wir mit dem Gebet ermuntern, noch zu bleiben. Wir wollen Zuversicht schenken und hoffen, dass es durch das Gebet einen Schwung für Veränderung gibt.

Wie schmerzvoll ist es für Sie als Führungsfrau in der Kirche, immer wieder mit Missbrauch und Diskriminierung konfrontiert zu werden?
Ich habe als Priorin hier im Kloster Fahr eine Leitungsaufgabe und viele Möglichkeiten zur Gestaltung. Gleichzeitig erlebe ich aber immer wieder Situationen, in denen für uns als Ordensfrauen die Gleichberechtigung nicht gegeben ist. Wenn wir beispielsweise bei einer Kongregation vorstellig werden wollen, braucht es noch immer einen Priester.

Jüngst machte Schlagzeilen, dass insbesondere auch Ordensschwestern missbraucht wurden und werden. Seit wann wissen Sie um diese Problematik?
Ich habe das schon vor Jahren vernommen – von einer Priorin in Afrika. Der sexuelle Missbrauch ist das eine, Diskriminierung das andere. Ich habe noch erlebt, dass man uns Schwestern nicht auf Augenhöhe behandelt hat – das war 2003, als ich im Fahr als Priorin angefangen habe. Da hatten wir noch einen Prior und konnten uns noch nicht selbst verwalten. Da hiess es manchmal: «Die da hinten, was haben die schon zu sagen» – damit waren die Schwestern gemeint. So etwas von Mitbrüdern zu hören, das war schon hart. Und das war nicht im Mittelalter, sondern in diesem Jahrhundert.

Die Schwestern des Klosters Fahr haben sich in letzter Zeit als Vorkämpferinnen für Frauenrechte in der Kirche profiliert und schafften es in diesem Zusammenhang sogar in die Vatikanzeitung.
Das war im Zusammenhang mit unserem Engagement für das Stimmrecht von Ordensfrauen an der Jugendsynode. Eigentlich finde ich das ja toll, dass der Papst diesen synodalen Weg inszeniert. Aber dann zu sehen, dass da keine Frauen dabei sind, die mitentscheiden können. Das ist Diskriminierung!

Wird man solch kämpferisches Engagement von den Fahrer Klosterfrauen noch vermehrt sehen?
Ich glaube, jetzt ist es wichtig, den Fokus auf das Gebet zu leben. Was das auslöst, kann ich noch nicht sagen. Es geht jetzt einmal darum, das wirken zu lassen.

Wie lange soll das Gebet am Donnerstag stattfinden?
Das haben wir offen gehalten und ist ja nicht nur abhängig von uns. Das Gebet muss nun in die Welt hinaus und sich verbreiten. Wie bereits erwähnt: Auf der Webseite www.gebet-am-donnerstag.ch werden wir sichtbar machen, wie das Gebetsnetz wächst.

Interview mit Priorin Irene Gassmann nach einem Jahr "Gebet am Donnerstag"

Priorin Irene, vor einem Jahr haben Sie das «Gebet am Donnerstag» im Rahmen der Komplet zum ersten Mal durchgeführt. Seither wird der Gebetstext «Schritt für Schritt» jeden Donnerstagabend um 19.30 Uhr im Kloster Fahr gebetet. Was hat dieses Beten bisher bewirkt?
Priorin Irene: Das Gebet «Schritt für Schritt» verbindet, bewegt und stärkt. In den vergangenen Monaten ist Bewegung in die katholische Kirche gekommen. So entstand im Mai 2019 in Deutschland die Initiative «Maria 2.0». Engagierte Katholikinnen haben zu einem Kirchenstreik aufgerufen und fordern strukturelle Veränderungen in der Kirche. Verschiedene Gruppen von «Maria 2.0» laden inzwischen donnerstags zum Gebet ein. Und im November 2019 gründeten Frauenverbände und Ordensfrauen das internationale katholische Frauennetzwerk «CWC – Catholic Women’s Council».

Wieviele Menschen beten regelmässig mit Ihnen und Ihren Mitschwestern am Donnerstagabend im Fahr?
Inzwischen hat sich eine Gruppe von Beterinnen und Betern gebildet, die regelmässig kommen. Jeden Donnerstag sind mindestens zehn Personen hier, die zusammen mit der Klostergemeinschaft beten. Andere kommen unregelmässig, aber immer wieder mal. Manchmal kommen Gruppen aus Pfarreien oder Pastoralräumen. Es gibt auch welche, die von weither anreisen, teilweise aus dem Ausland, und ihren Gastaufenthalt im Kloster so legen, dass sie am Donnerstaggebet teilnehmen können.

Haben Sie eine ungefähre Vorstellung, wieviele es im Ganzen sind, die sich dem Gebet am Donnerstag angeschlossen haben?
Nein, diese Übersicht fehlt mir. Es ist auch nicht wichtig, hier eine Statistik zu führen.  Rund 70 Orte und Gruppen haben uns ihre Gebetsverbundenheit mitgeteilt und sind auf der Webseite aufgeführt.

Auf Ihrer Website sind aktuell 37 Pfarreien, Klöster und andere Institutionen aus der Schweiz aufgeführt, die das Gebet am Donnerstag durchführen. Ausserdem wird «Schritt für Schritt» auch in Deutschland und Luxemburg gebetet. Erhalten Sie auch Rückmeldungen von den verschiedenen Orten, die sich Ihrem Gebet angeschlossen haben?
Mit einzelnen bin ich in Kontakt. Sie schicken die Ausschreibungen oder neue Pläne ihrer Gottesdienste. Manchmal planen Pfarreien oder Gruppen einen Besuch im Kloster Fahr in Verbindung mit dem Gebet am Donnerstag. Immer wieder bedanken sich die Menschen für diese Initiative und Ermutigung.

Entspricht der bisherige Erfolg dieser Gebetsaktion dem, was Sie erwartet hatten? Oder hätten Sie sich das ganz anders vorgestellt?
Beim Start vor einem Jahr hatte ich keine Erwartungen, sondern spürte einfach das Bedürfnis, mit einem Gebet diese Zeit der Veränderung mitzugestalten. Es berührt mich immer wieder, wie viele Menschen jeden Donnerstag zum Gebet kommen. Auch das Engagement meiner Mitschwestern, jeden Donnerstag diesen besonderen Gottesdienst zu gestalten und mit Freude zu feiern, berührt mich ebenfalls. Überrascht bin ich, wie viele Gruppen in Deutschland durch die Initiative «Maria 2.0» dieses Gebet aufgenommen haben. Schwieriger gestaltet sich die Verbreitung des Gebets über die Sprachgrenzen hinaus zum Beispiel in der Westschweiz, im Tessin oder auch in anderssprachigen Ländern. Obwohl das Gebet in verschiedenen Sprachen verfügbar ist.

Viele der sogenannt kirchenfernen Menschen neigen ja dazu, betende Leute zu belächeln, weil sie sich nicht vorstellen können, dass Gebete etwas in dieser Welt verändern können. Was sagen Sie diesen Menschen?
Das Gebet verändert zuerst die Betenden. Beim «Gebet am Donnerstag» zeigt sich das darin, dass die Menschen gestärkt und ermutigt wieder nach Hause gehen. Beten verbindet und schafft Gemeinschaft. Auch das stärkt.

«Schritt für Schritt» macht deutlich, dass in der Kirche Machtmissbrauch stattgefunden hat und immer noch stattfindet. Das Gebet ruft nach der Gleichbehandlung aller Getauften und nach dem gleichberechtigten Miteinander von Männern und Frauen in allen Diensten und Ämtern. Glauben Sie, dass dieses Gebet auch die mächtigen Mauern des Vatikans durchdringen kann?
Ja, ich glaube an die Kraft des Gebetes. Ich lasse mich überraschen, welche Ritzen und Wege das Gebet finden wird…

Sie sprechen in «Schritt für Schritt» eine für Theologen ungewohnt deutliche Sprache. Fürchten Sie nicht, dass diese klaren Worte Ihnen oder Ihrer Gemeinschaft schaden könnten?
Was könnte uns passieren? Im Gebet bringen wir das zur Sprache, was uns bewegt und in unseren Herzen brennt und schmerzt. So lehren uns schon die Beterinnen und Beter der Psalmen: Sie nehmen kein Blatt vor den Mund und formulieren ihre Not ungeschminkt.

Bischof Felix hat Sie in Ihrem Vorhaben «Gebet am Donnerstag» ermutigt. Wer von den männlichen Würdenträgern unserer Kirche steht ausserdem noch hinter dieser Aktion?
Ich bin sehr dankbar, dass Bischof Felix sowie Weihbischof Denis und auch Generalvikar Markus Thürig diese Gebetsinitiative unterstützen. Es freut mich, dass Abt Christian Meyer und die Benediktiner im Kloster Engelberg das Gebet ebenfalls wöchentlich beten.

Papst Benedikt XVI. scheint Mühe zu bekunden mit den zaghaften Versuchen von Papst Franziskus, neue Wege zu beschreiten. Wie schätzen Sie den Einfluss des emeritierten Papstes auf die Geschicke der Kirche ein? Müssen ihn reformwillige Geister fürchten?
«Furcht» ist kein guter Ratgeber. Ich bewundere Papst Franziskus, wie gelassen, klug und klar er mit diesen «Angriffen» umgeht. Ich hoffe und bete, dass er weiterhin die Kraft und Unterstützung hat, den Weg für eine erneuerte Kirche voranzutreiben.

Was ist Ihrer Ansicht nach der erste und wichtigste Schritt, den die Kirche tun muss, um sich erfolgreich erneuern zu können, wie es im Gebet steht?
Eine wichtige Voraussetzung ist die Bereitschaft, sich gemeinsam auf einen Erneuerungsprozess einzulassen. Die nächsten Schritte werden sich zeigen.

Woher nehmen Sie selbst immer wieder von neuem Ihre «Kraft und Zuversicht», um die in «Schritt für Schritt» gebeten wird?
Ich selber schöpfe ganz viel Kraft aus dem Gebet. Auch all die vielen Frauen und Männer, welche die Kirche lieben und  mit ihr leiden: Diese Gemeinschaft gibt mir ebenfalls Kraft und Zuversicht.

Wie geht es weiter mit dem «Gebet am Donnerstag»?
Wir bleiben dran, Woche für Woche, Schritt für Schritt und freuen uns, wenn das Gebetsnetz weiter wächst.

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