Kirche St. Peter und Paul
Die Kirche in Leuggern, erbaut durch den Architekten Caspar Joseph Jeuch im Jahre 1853, ist das Wahrzeichen des Kirchspiels. Sie ist «ein bedeutendes Baudenkmal» aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, «ein sakrales Meisterwerk» mit neugotischem Antlitz. Die Kirche steht unter Denkmalschutz.
Die Stiftung Kirche St. Peter und Paul, Leuggern kümmert sich um den Erhalt dieses Bauwerkes.
Sie organisiert in regelmässigen Abständen hochstehende Konzerte, deren Reinerlös dem Unterhalt der Kirche zu gute kommen
Im Unteren Aaretal steht linksseitig auf einer Schotterterrasse die auffällige Baugruppe von Pfarrhaus, Pfarrkirche und Regionalspital Leuggern etwa 30 m erhöht über dem Talboden. Von Döttingen oder Klingnau aus, aber auch von Leibstadt über den Strick kommend, vom Reuenthaler Ried oder den Höhen von Hettenschwil und Schlatt fällt der Blick auf die imposante Kirche. Sie ist mit ihrer Lage und Grösse sowie dem 58 m hohen Turm ein Wahrzeichen im Unteren Aaretal. Wer die 145 Treppenstufen vom Kirchplatz bis zur Kirchturmterrasse auf halber Turmhöhe nicht scheut, erfährt einen Rundblick in den Tafeljura hinein, bis zur Lägern, ins Studenland, hinunter zum Klingnauer Stausee und zur Mündung der Aare in den Rhein sowie zu den Schwarzwaldhöhen.
Unweigerlich stellt sich die Frage: Weshalb steht in dieser ländlichen Gegend eine derart grosse Kirche, eine der grössten im Kanton Aargau? Leuggern war über Jahrhunderte eine Johanniterkommende, in deren Gebäuden das Regionalspital Leuggern 1897 den Betrieb aufnahm. Leuggern war immer das Zentrum des Kirchspiels, welches das Gebiet westlich der Aare von der Grenze des einstigen Berner Aargaus zwischen Villigen und Böttstein bis hinunter nach Schwaderloch umfasste. Die Übernahme einer adeligen Eigenkirche durch den mächtigen Johanniterorden bildete 1231 die Grundlage für die jahrhundertelange Stabilität des Kirchspiels, das nicht nur eine kirchliche, sondern lange Zeit auch eine politische Einheit bildete. Die heutige Kirche wurde 1851-1853 als Zentrumskirche für das ganze Kirchspiel gebaut, was ihre aussergewöhnliche Grösse erklärt. Sie gehört zu den frühen und einflussreichen Kirchenbauten neugotischer Prägung im deutschschweizerischen Raum.
Der bestimmenden Präsenz der Johanniter dürfte es zu verdanken sein, dass die hochmittelalterliche Grosspfarrei fast bis zur Aufhebung der Kommende 1806 als kirchliche Einheit überdauerte, und der Begriff Kirchspiel bis heute lebendig blieb. An diese Kontinuität knüpfte auch der Kirchenneubau an.
Der Kunstführer zeichnet die Geschichte von Kommende und Kirchspiel nach und beschreibt die Pfarrkirche Leuggern mit ihrem dornenvollen Entstehungsweg und den zwei einschneidenden Renovationen. Adeliges Standesbewusstsein, Pestzüge und persönliche Devotion Hessen vom 17. bis ins 19. Jahrhundert Kapellen und sakrale Wegbegleiter in den einzelnen Dorfschaften entstehen; seit 1971 steht zudem der gewachsenen Bevölkerung eine zweite Pfarrkirche in Kleindöttingen zur Verfügung.Der erste Beschluss zu einem Neubau der zu klein gewordenen und baufälligen Kirche fiel an der Kirchgemeindeversammlung 1833 einstimmig, blieb aber ohne Folgen. Der zweite Anlauf mit Gesuch um einen Staatsbeitrag des Kantons für Chor und Hochaltar löste 1838 eine lang andauernde Kontroverse aus, denn Ober- und Unter- Leibstadt begehrten inzwischen zusammen mit Schwaderloch eine selbständige Pfarrei mit eigener Kirche. Leuggern fürchtete nicht ganz zu Unrecht, die Kantonsregierung könnte deswegen einen Neubau verweigern mit der Begründung, die bestehende Kirche böte genügend Raum für die damit kleiner gewordene Gemeinde. Da Leuggern 1806 einen Teil des Kommendevermögens erhalten hatte, bestritt der Kanton seine Kollatorpflicht, lehnte die Pfarreiteilung ab und rügte «das Treiben des anmassenden, vom Geiste des Jesuitismus nur zu mit scharfen Worten. Als die Gemeinde wegen des Staatsbeitrags nach Jahren des Hin und Her schliesslich den Prozessweg beschritt, stimmte der Grosse Rat 1862 einem Vergleich und einem Beitrag von 30000 Franken zu.
Die Zeit von 1830 bis 1848 war vom Gegensatz zwischen Liberalen und Konservativen und von konfessionellen Spannungen geprägt. Stichworte sind die Klosteraufhebung im Aargau 1841, die Freischarenzüge 1844/45 und der Sonderbundskrieg 1847, der im Jahr danach zum heutigen Bundesstaat führte. Vor diesem Hintergrund wird das schwierige Verhältnis zwischen der Kirchgemeinde Leug- gern und der liberalen Regierung in Aarau teilweise verständlich.
Nach fehlgeschlagenen Planungen mit zwei anderen Architekten erhielt Caspar Joseph Jeuch 1845 den Auftrag, einen Planentwurf für einen Kirchenneubau zu erstellen. 1847 erwähnen die Protokolle seine Pläne, die einen Bau in «byzantinischem» (neuromanischem) Stil vorsahen. Nachdem Jeuch 1850 von einer anderen Ausrichtung des Baus unter Einbezug des alten Turmes abgeraten hatte, beschloss der Kirchenvorstand dessen Abbruch und die Beibehaltung der Ausrichtung mit geostetem Chor zur Hangkante hin. Die Kirche sollte «nach gothischer Art gebaut», das Langhaus aber gegenüber dem Plan um 2-3 m kürzer - andernorts ist von Vs die Rede - ausgeführt werden. Man begann mit der Materialbeschaffung und regelte die Frondienste der männlichen Pfarreiangehörigen. Gearbeitet wurde von «Morgens halb 6. bis Abends 7 Uhr» mit einer Stunde Pause. Alle Arbeiten wurden in verschiedenen Zeitungen zur Konkurrenz ausgeschrieben.
1851 wurde eine Notkirche erstellt, mit dem Abbruch der alten Kirche begonnen und nach Vollendung der Fundamente am Auffahrtstag 1852 der Grundstein gelegt. Baumeister Jakob Baumann von Villigen sollte den Neubau bis Ende 1852 unter Dach bringen. Die Nichteinhaltung des Termins und mangelhafte Entlastungsbögen, die den Bruch von Türsturzen und Fenstermasswerken zur Folge hatten, führten 1852 zu seiner Entlassung und endeten mit Expertenbericht und gerichtlichem Nachspiel. Der Schaden betrug immerhin 8,5% der Bausumme! Meister Lambert Oberle von Full, der die Zimmer- und Schreinerarbeiten besorgte, brachte nun auch als Baumeister alles zu einem guten Ende.
1964 war eine Renovation unbestritten. Statische Probleme und Rissbildungen im Gewölbe hatten die Dekorationsmalerei in Mitleidenschaft gezogen, und das Innere war durch unsachgemässe Reparatur seit geraumer Zeit beeinträchtigt. Der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils und dem